Ab wann kann Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt gefordert werden?

Haben sich die Ehegatten getrennt und haben Sie gemeinsamen Kinder, steht die Zahlung von Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt im Raum.

Unterhalt kann immer nur für die Zukunft verlangt werden, außer, der Unterhaltsschuldner wird wirksam mit der Zahlung von Unterhalt in Verzug gesetzt. Daher ist ein richtiges und wirksames Auskunftsverlangen zur Herbeiführung des Verzuges wichtig, damit ab dem Eintritt des Verzuges auch rückwirkend Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt verlangt werden kann.

Verzug durch vorgerichtliches Auskunftsverlangen

Erforderlich ist, dass der Unterhaltspflichtige aufgefordert worden ist, zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs Auskunft zu erteilen über

– seine Einkünfte und

– sein Vermögen.

 Es muss also genau erkennbar sein,

– dass die Auskunft für Unterhalt verlangt wird und

– für wen genau Unterhalt verlangt werden soll.

Sonst wird kein Verzug ausgelöst und kein Rückstand durchsetzbar!

Es ist daher wichtig, dass frühzeitig mit der Trennung bei Möglichkeit von Ansprüchen auf Unterhalt für die gemeinsamen Kinder oder als Ehegatte eine wirksame außergerichtliche Aufforderung zum Einkommen und Vermögen zum Zwecke der Unterhaltsberechnung an den unterhaltspflichtigen Ehegatten getätigt wird, damit der Unterhaltsanspruch nicht verfällt.

Als Fachanwaltskanzlei für Familienrecht stehen wir Ihnen für die wirksamen Geltendmachung von möglichen Unterhaltsansprüchen beratend zu Seite. Wir bereiten auch Unterhaltsvereinbarungen unter den Ehegatten aufgrund Berechnung der Unterhaltsansprüche vor. Das von uns verwendete Berechnungsprogramm und Berechnungsmethode entspricht dem von den Gerichten verwendeten Berechnungsprogrammen und Methoden.

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Verzug bei Mehrbedarf – Sonderbedarf im Kindesunterhalt

Zusätzlich zum Kindesunterhalt kann auch der sogenannte Sonderbedarf und der Mehrbedarf verlangt werden.

Der Sonderbedarf ist ohne Verzug durchsetzbar, der Mehrbedarf muss zuvor in Verzug gesetzt werden. Der Mehrbedarf kann nach h.M. nicht isoliert durchgesetzt werden, sondern nur zusammen mit dem Basisunterhalt

Der Sonderbedarf und der Mehrbedarf bei Kindesunterhalt grenzen sich wie folgt ab:

Sonderbedarf = unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB)

Mehrbedarf = Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er mit den Regelsätzen der Bedarfsbemessung nicht zu erfassen, andererseits aber kalkulierbar ist und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts berücksichtigt werden kann.

Zur Einstufung als Sonderbedarf oder Mehrbedarf gibt es zahlreiche Rechtsprechung.

Als Fachanwaltskanzlei für Familienrecht nehmen wir für unsere Mandanten Berechnung der Unterhaltsansprüche einschließlich Sonderbedarf und Mehrbedarf unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung vor.

Sind Schulden bei Einkommen unterhaltsrechtlich absetzbar?

Alte Schulden im Ehegattenunterhalt

Maßgeblich ist, dass die monatlichen Raten die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben und den Bedarf der Berechtigten reduzieren. Schulden, die während der Zeit des Zusammenlebens aufgenommen worden sind, prägen die ehelichen Lebensverhältnisse und sind daher grundsätzlich mit ihren monatlichen Raten in voller Höhe – also mit Zins- und Tilgungsanteil – schon beim Bedarf unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (OLG Brandenburg v. 31.08.2021

Unerheblich ist auch, wer die mit dem Darlehen angeschafften Vermögensgegenstände nach der Trennung erhalten hat ( OLG Brandenburg v. 31.08.2021).

Neue Schulden im Ehegattenunterhalt

Schulden aus der Zeit nach Trennung und Scheidung

Schulden, die zu einem Zeitpunkt aufgenommen werden, in dem schon Kenntnis von der Unterhaltsverpflichtung besteht, können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie unausweichlich notwendige und nicht durch anderweitige Mittel finanzierbare Anschaffungen oder Dienstleistungen betreffen (OLG Brandenburg v. 31.08.2021).

Für neue Schulden, dh. Schulden, die nach der Trennung oder Scheidung aufgenommen worden sind, ist die unterhaltsrechtliche Vorwerfbarkeit entscheidend. Die Darlegungslast hat der Ehegatte, der sich auf Kreditlasten beruft.

Maßgeblich ist u.A.

– ob die Kreditaufnahme nötig war

– auf das notwendige Maß beschränkt wurde

– die geringstmögliche Ratenbelastung abgeschlossen wurde.

Anrechnung von Schuldenbelastungen beim auch beim Unterhalt für minderjährige Kinder gemäß BGH v. 22.05.2019. Es besteht kein genereller Vorrang des Unterhaltes vor Ratenbelastungen

Berücksichtigung von Verbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen nach umfassender Interessenabwägung OLG Brandenburg v. 31.08.2021

Die Darlegungslast trägt der Unterhaltsschuldner.

Es besteht im Unterhaltsrecht eine Obliegenheit zur Reduzierung der monatlichen Belastungen aus den Schulden. Derjenige, der Unterhalt schuldet muss aktiv werden, um die monatlichen Ratenbelastungen zu senken. Hierfür ist z.B. auch das Einverständnis der Bank ist erforderlich.

  • Anspruchsgrundlagen für den nachehelichen Unterhalt sind

§ 1570 BGB – nachehelicher Unterhalt wegen Betreuung eines minderjährigen Kindes

§ 1571 BGB – nachehelicher Unterhalt wegen Alters

§ 1572 BGB – nachehelicher Unterhalt wegen Krankheit

§ 1573 BGB – nachehelicher Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockung

§ 1575 BGB – nachehelicher Unterhalt aus Billigkeitsgründen

§ 1570 BGB – Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

(1) 1Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. 2Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. 3Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

§ 1571 Unterhalt wegen Alters

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit von ihm im Zeitpunkt

1.der Scheidung,
2.der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder
3.des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1572 und 1573

wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann.

§ 1572 Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt

1.der Scheidung,
2.der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
3.der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
4.des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573

an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

§ 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

§ 1576  Unterhalt aus Billigkeitsgründen

1Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. 2Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben.

Ob und welcher Unterhaltstatbestand für einen Unterhalt nach der Ehe einschlägig sind, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse geprüft werden.

Unsere Fachanwaltskanzlei für Familienrecht kann Sie umfangreich bei der Geltendmachung oder Abwehr von nachehelichen Unterhaltsansprüchen unter Berücksichtigung der familiengerichtlichen Rechtsprechung im Scheidungsverfahren vollumfassend anwaltlich vertreten.

Beim nachehelichen Ehegattenunterhalt sind die Eheliche Lebensverhältnisse der Maßstab des Unterhaltsbedarfs gemäß § 1578 BGB

Die ehelichen Lebensverhältnisse leiten sich von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehegatten während der Zeit der Ehe ab und umfassen sämtliche Faktoren, die während der Ehe für den Lebenszuschnitt der Ehegatten von Bedeutung waren und nachhaltig erzielt worden sind („prägende Faktoren“).

Maßgebend für die Bedarfsermittlung gem. § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die früheren ehelichen Lebensverhältnisse. Bei der Bedarfsbemessung ist im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung bestehende Einkommenssituation zugrunde zu legen, denn erst dann und nicht bereits mit der Trennung enden die ehelichen Lebensverhältnisse. Bis zu diesem Zeitpunkt eingetretene Einkommensveränderungen sind grundsätzlich prägend (BGH FamRZ 2012, 281; BGH FamRZ 2014, 1183).

Damit muss der / die Unterhaltsberechtigte zur Begründung des Bedarfs die relevanten Umstände zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung darlegen.

Bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetretene (nicht

vorwerfbare) Einkommensveränderungen sind grundsätzlich prägend für

die ehelichen Lebensverhältnisse. Dies gilt auch für neue Belastungen wie zB. ein außereheliches Kind oder der Unterhaltsanspruch der Mutter dieses außerehelichen Kindes (§ 1615l BGB)

Im Unterhaltsrecht ist die Erwerbsobliegenheit und die damit verbundene Anrechnung fiktiven Einkommens von wichtiger Bedeutung.

Erwerbsobliegenheiten bedeutet, dass es eine Verpflichtung gibt zur Erwerbstätigkeit, wenn diese Verpflichtung verletzt wird, wird entweder dem Unterhaltsverpflichteten aber auch dem Unterhaltsberechtigen Ehegatten ein fiktives Einkommen zugerechnet.

Der Umfang der Erwerbsobliegenheiten ist abhängig vom Unterhaltsverhältnis

Bei Ehegattenunterhalt gelten für beide Ehegatten die gleichen Maßstäbe

Grundsätzlich besteht die Erwerbsobliegenheit zur vollschichtigen Arbeit.

(8 Std. täglich, 40 Std pro Woche)

Besonderheiten bestehen jedoch beim Kindesbetreuungsunterhalt, wenn der kinderbetreuende Ehegatten aufgrund der Betreuung des minderjährigen Kindes nur in Teilzeit arbeiten kann.

Einschränkung bestehen auch beim Trennungsunterhalt, der bis Rechtskraft der Scheidung geschuldet ist. Nach einem Jahr Trennungszeit besteht die Verpflichtung zur vollschichtigen Tätigkeit.

Beim Unterhalt für volljährige Kinder besteht eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit beider Eltern, aber keine verschärfte Haftung.

Beim Unterhalt für minderjährige Kinder besteht nach § 1603 II 2 BGB eine verschärfte Haftung, dh. neben der vollschichtigen Erwerbstätigkeit auch zusätzlich ggf. Nebentätigkeitsobliegenheit, wenn der Mindestunterhalt nicht gezahlt werden kann

Der nacheheliche Unterhaltsanspruch des/der unterhaltsberechtigten Ehegatten/Ehegattin kann gemäß § 1578b befristet und begrenzt werden.

Rechtsfolgen – Begrenzung der Höhe nach (§ 1578b I BGB)

Begrenzung in der Zeit ist die sogenannte Befristung (§ 1578b II BGB), dh. der Unterhaltsanspruch wird zeitlich befristet.

Die Begrenzung in der Höhe ist durch Staffelregelungen (§ 1578b III BGB) möglich.

Die Kriterien für die Begrenzung sind das Vorliegen eines ehebedingten Nachteils und die nacheheliche Solidarität.

Für die Ehebedingtheit des Nachteils ist erforderlich, dass die Umstände, die zu dem unterschiedlichen Einkommen führen, Folgen des Lebenszuschnitts der Ehegatten während der Ehe – also aufgrund der Rollenverteilung in der geschiedenen Ehe sind. BGH FamRZ 2014, 1007

Um den individuellen ehebedingten Nachteil festzustellen, muss eine hypothetische Erwerbsbiographie der Unterhaltsberechtigten erstellt werden. Es muss also konkrete dargelegt werden, wie die berufliche Entwicklung der Unterhaltsberechtigten in einem fiktiven Leben als ledige kinderlose Erwerbstätige verlaufen wäre.

Krankheit ist nicht ehebedingt (BGH v. 19.06.2013 – XII ZB 309/11).

Ehebedingt betrifft nur den Zeitraum zwischen Heirat und Zustellung des Scheidungsantrags Umstände, die vor der Heirat eintreten, können keine ehebedingten Nachteil auslösen, so z.B. die Kinderbetreuung vor der Eheschließung, BGH NJW 2013, 1444 oder eine Kündigung der Arbeitsstelle vor der Heirat, BGH NJW 2013, 1447.

Einschränkung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit insbesondere durch Krankheit des Unterhaltsberechtigten

Beim Unterhaltsberechtigten (§ 1572 BGB) – Bei Einschränkung der Erwerbstätigkeit beim unterhaltsberechtigten Ehegatten besteht gemäß § 1572 BGB ein Unterhaltsanspruch.

Krankheit führt nicht selbsterklärend zur unterhaltsrechtlichen Unfähigkeit, Geld zu verdienen Maßgebend sind die Entstehung der Krankheit, die Entwicklung in der Vergangenheit, die voraussichtliche Entwicklung in der Zukunft.

Es besteht eine Obliegenheit zu Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, dh. es muss also, wenn eine Genesung nicht gänzlich ausgeschlossen ist, genau dargelegt werden, welche Schritte in dieser Richtung unternommen worden sind und warum keine Besserung eingetreten ist. OLG Brandenburg v. 19.09.2018 – zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt durchgeführt worden ist, da den Unterhaltspflichtigen die Obliegenheit trifft, Darzulegen ist auch, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Heilung effektiv beitragen könnten und dass andere ärztliche oder therapeutische Maßnahmen nicht möglich oder aussichtsreich erscheinen.

Erwerbsunfähigkeitsrente beseitigt nicht vollständig die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit (OLG Brandenburg v. 6. Mai 2021).

Wer sich auf Erwerbsunfähigkeit beruft, muss mit dem Vorwurf rechnen, keine Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt zu haben. Sind die Voraussetzungen gegeben, kann eine fiktive Erwerbsunfähigkeitsrente als Einkommen berücksichtigt werden.

Neue Rechtsprechung im Unterhalt / Ehegattenunterhalt

Bundesgerichtshof 2021

Beispiel: Das Kind lebt bei der Mutter und der Vater ist barunterhaltspflichtig. Die Mutter betreut das Kind.

• Nach der neueren Rechtsprechung kommt es auch beim

Unterhalt der minderjährigen Kinder auf die Lebensstellung beider Eltern an.

• Der Bedarf der Kinder ist demzufolge aus dem zusammengerechneten

Einkommen beider Eltern festzustellen.

• Von den Erwerbseinkünften des betreuenden Elternteils ist somit der

Barunterhaltsbedarf der Kinder nach den gemeinsamen Einkünften der

Eltern abzüglich des hälftigen auf den Barunterhalt entfallenden

Kindergelds und abzüglich des vom Vater geleisteten

Barunterhalts abzusetzen.

• In dieser Höhe leistet der betreuende Elternteil neben dem

Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von

Naturalunterhalt.

• Die andere Hälfte des Kindergelds, die der betreuende Elternteil erhält,

ist nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen.

so auch

OLG München Mai 2023

• Bei Ersatzhaftung des das minderjährige

Kind betreuenden Elternteils gemäß § 1603 II S. 3

BGB ist das Einkommen des

betreuenden Elternteils um den Betrag zu kürzen,

der sich aus der Differenz zwischen dem Gesamtbedarf

der gemeinsamen Kinder und dem vom

barunterhaltspflichtigen Elternteil geschuldeten

Unterhalt ergibt.

Elternteils.

Berechnungsschritte nach Bundesgerichtshof

1.

Zahlbetrag für den Kindesunterhalt nach dem alleinigen

Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils ermitteln.

2.

Zusätzlich den Zahlbetrag des Kindesunterhaltes nach dem

zusammengerechneten Einkommen beider Eltern berechnen

3.

Differenz aus diesen beiden Beträgen bilden.

4.

Zur Berechnung des Ehegattenunterhaltes ist beim

barunterhaltpflichtigen Ehegatten der Zahlbetrag abzuziehen

5.

Beim Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist der

Differenzbetrag abzuziehen.

6.

Anschließend muss aus der Differenz der Ehegattenunterhalt ermittelt werden.

Dies bedeutet, dass der betreuende Elternteil auch den Restbedarf des Kindes bei seinem Einkommen abziehen kann.

Gern beraten wir Sie als Fachanwaltskanzlei und erstellen Ihnen eine Unterhaltsberechnung entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ehegattenunterhalt bei höheren Einkommensverhältnissen

Ehegattenunterhalt bei Familieneinkommen oberhalb von 11.000 €

Bundesgerichtshof 2017

1. Der Anspruch auf Auskunft über das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist

bereits gegeben, wenn die Auskunft für den Unterhaltsanspruch Bedeutung

haben kann.

2. Die Tatsachengerichte dürfen im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon

ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des

höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags

vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der

Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten

Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden.

3. Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte,

wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die vollständige

Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im

Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen.

4. Ein Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen ist immer schon dann

gegeben, wenn unabhängig von der tatsächlichen Vermutung der

Einkommensverwendung eine Darlegung des Bedarfs nach der Quotenmethode

in Betracht kommt. Aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, er sei

„unbegrenzt leistungsfähig“, entfällt der Auskunftsanspruch noch nicht.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshof 2019 ist es nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden.

Als Familieneinkommen ist dabei das unterhaltsrelevante Einkommen beider Ehegatten anzusehen, das für den ehelichen Lebensbedarf der beiden Ehegatten zur Verfügung steht und von dem zuvor auch die Belastungen abgezogen worden sind (z.B. Kindesunterhalt).

Gemäß einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle ist auch der Wohnvorteil mit einzubeziehen.

Gern beraten wir Sie als Fachanwaltskanzlei und erstellen Ihnen eine Unterhaltsberechnung entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Reduzierung des Bedarfs durch Rücklagen zur Vermögensbildung

Soweit Einkommensteile der Vermögensbildung vorbehalten blieben, dienten sie nicht mehr der Befriedigung der laufenden Lebensbedürfnisse und sind damit grundsätzlich der Unterhaltsbemessung entzogen (BGH FamRZ 2013, 363; BGH v.29.09.2021)

Gemäß einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg sind verfügbar in diesem Sinn ist nur der Teil des Einkommens, der nach Abzug von

• Steuern und sonstigen gesetzlichen Abzügen,

• berufsbedingtem Aufwand,

• Vorsorgeaufwendungen,

• berücksichtigungswürdigen Verbindlichkeiten,

Aufwendungen für Vermögensbildung und

• Barunterhaltsleistungen für den Kindesunterhalt

zur Bestreitung des Lebensbedarfs der Eheleute verwendet

werden kann.

Die Höhe der berücksichtigungswürdigen Vermögensbildungsrücklagen

Die ehelichen Lebensverhältnisse umfassen sämtliche Faktoren, die während der Ehe von Bedeutung waren und nachhaltig erzielt worden sind („prägende Faktoren“).

Die Höhe der Vermögensrücklagen werden nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Celle aus 2021 wie bei Einkommen von Selbständigen im 3-Jahresdurchschnitt ermittelt.

Eine aktuelle Vermögensbildung ist jedoch idR nicht abziehbar, wenn der Bedarf nicht mehr gedeckt werden kann.

Einsatz von Vermögen des Unterhaltsberechtigten gemäß § 1577 III BGB

Beim nachehelichen Unterhalt besteht nach § 1577 III BGB grundsätzlich eine Verwertungspflicht des Unterhaltsberechtigten, was bedeutet, dass der/die Unterhaltsberechtigte seinen Lebensunterhalt grundsätzlich auch aus vorhandenem Vermögen bestreiten muss.

Eine Verwertungspflicht besteht nur dann nicht, wenn Verwertung unwirtschaftlich

oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre

Gern beraten wir Sie als Fachanwaltskanzlei und erstellen Ihnen eine Unterhaltsberechnung entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Der Wohnvorteil beim Ehegattenunterhaltsrecht, wenn eine Immobilie im Alleineigentum oder Miteigentum der Ehegatten steht

Wenn ein Ehegatte weiter in Haus wohnt, dass entweder im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten steht oder im Alleineigentum, ist diesem Ehegatten als Einkommen auch der sogenannte Wohnvorteil als Einkommen zuzurechnen.

Zu unterscheiden ist zwischen dem angemessenen Wohnvorteil = ersparte Miete und dem objektiven Wohnvorteil ist der Vermietungswert, dh. die konkret zu erzielende Miete auf dem örtlichen Wohnungsmarkt.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Tilgungsleistungen bei Wohnvorteil sind immer abzugsfähig mit der Begründung, dass es ohne der Tilgung keinen Wohnvorteil gäbe.

Beim angemessenen Wohnvorteil sind Tilgungsleistungen in vollem Umfang absetzbar, mit der Konsequenz, dass der Wohnvorteil auch negativ sein kann.

Beim objektiven Wohnvorteil ist der Abzug nur bis zur Höhe des Wohnvorteils möglich Überschießende Tilgungsleistung könnten dann möglicherweise als zusätzliche Altersversorgung angerechnet werden im Rahmen der Höchstgrenzen BGH v. 18.01.2017, oder BGH v. 4.7.2018.

Der Wohnvorteil ist bei einem Ehegatten, der mit gemeinsamen Kindern zusammenlebt, ist höher als bei einem Ehegatten ohne Kind, dh. der Wohnbedarf des Kindes kann mitberücksichtigt werden.

Der angemessene Wohnvorteil wird in der Regel bis Zustellung des Scheidungsantrags angesetzt, ab der Zustellung des Scheidungsantrags wird in der Regel der objektive Wohnvorteil angesetzt.

Der Wohnvorteil beim Unterhaltspflichtigen nach der Entscheidung des  BGH v. 09.03.2022

Auch beim Kindesunterhalt können grundsätzlich bis zur Höhe des Wohnvorteils neben den Zinszahlungen zusätzlich die Tilgungsleistungen berücksichtigt werden, die der Unterhaltspflichtige auf ein Darlehen zur Finanzierung einer selbstgenutzten Immobilie erbringt.

Überschreitet der Schuldendienst für die Immobilie den dadurch geschaffenen Wohnvorteil nicht, ist aber gleichwohl der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gefährdet, kann dem gesteigert Unterhaltspflichtigen zwar nicht eine vollständige Aussetzung der Tilgung, wohl aber nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise eine Tilgungsstreckung zugemutet werden. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn eine besonders hohe Tilgung vereinbart wurde oder die Immobilie bereits weitgehend abbezahlt ist.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.05.2022 wird die kostenfreie Zurverfügungstellung von Wohnraum durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern ausgeglichen. Das mietfreie Wohnen beeinflusst nicht die Höhe des Kindesunterhalts. Die Eltern können jedoch eine – nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls auch konkludente – Vereinbarung darüber treffen, dass die Wohnungskosten durch den Naturalunterhalt des Barunterhaltspflichtigen abgedeckt werden. Für die Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs (§ 362 BGB) aufgrund einer solchen Vereinbarung trifft den Barunterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast

Gern beraten wir Sie als Fachanwaltskanzlei, wenn ein Wohnvorteil hier in Betracht kommen und erstellen Ihnen eine Unterhaltsberechnung entsprechend der aktuellen Rechtsprechung.

Was ist, wenn ein Ehegatte eine höhere Abfindung für den Verlust seines Arbeitsplatzes erhalten hat? Gehört diese als Einmalzahlung zum Zugewinn oder zum Unterhalt – dh. zum anzurechnenden Einkommen beim Unterhaltspflichtigen und in welcher Höhe?

Grundsätzlich gilt.

Hat die Abfindung Entschädigungscharakter für den Verlust des Arbeitsplatzes und

des damit einhergehenden Besitzstandes, dann gehört sie zum Vermögen

(Zugewinn BGH FamRZ 2001, 278)). Dann wäre Sie Vermögen beim Zugewinnausgleichsanspruch.

Wenn der Abfindung dagegen vorwiegend Lohnersatzfunktion für die Überbrückung von Zeiten verminderten Erwerbseinkommens zukommt, wäre sie als Einkommen unterhaltsrechtlich relevant.

Der Fall der Abfindungen ist meist einzelfallabhängig und in der Regel sehr streitig. Wie die Abfindungen letztlich qualifiziert werden, hat maßgebenden Einfluss auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs und des Zugewinnausgleichsanspruchs.

Gern beraten wir Sie als Fachanwaltskanzlei und erstellen Ihnen eine Unterhaltsberechnung entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.